What you do to me


Wenn Du Berlin über alles liebst und der Meinung bist, dass es die beste Stadt der Welt ist, wenn Du gerade voller Stolz aus Bad Ufflingen kommend, deine erstes WG Zimmer in Lichtenberg bezogen hast und noch jeden Morgen mit einem Steifen aufwachst, weil if you make it here, you can make it anywhere, dann ließ jetzt nicht weiter und chill dein life bro, Berlin ist schon ganz okay.

Wenn Du jedoch etwas skeptisch Berlin gegenüber bist, dann bleib dran und wenn du Berlin haßt, dann trag deine email Adi in den Newsletter ein, in dem ich in Zukunft regelmäßig über Orte in Berlin berichte, die du auf gar keinen Fall aufsuchen solltest (Südkreuz, Parkhaus Ausgang General-Pape-Str. thank me later).

So und jetzt Spaß beiseite und bitte die folgenden Zeilen mit einem pinch of salt betrachten. Vor einer Woche sind wir aus dem Urlaub wiedergekommen. War nice. Also nicht das Wiederkommen sondern der Urlaub. Die Erholung endete genau 23 Minuten nach dem setzen der Parkbremse des A320 auf der Parkposition auf dem Vorfeld des BER. 23 Minuten. Das war die Zeit, die wir warteten, bis die Treppen an das Flugzeug rangefahren wurden. Ich kenne das. Ich warte fast immer. Ich warte beruflich. Nun halt auch mal privat. Shit happens. Die Treppenfahrer gehören zur gleichen Gruppe wie die Loader, also die, die die Koffer in den Flieger ein und ausladen. Die mit Abstand am härtesten arbeitende Truppe an jedem Flughafen, hands down.  Bei 35 Grad und bei minus 12. Kein Schatten, kein Schutz vor Witterung und chronisch unterbesetzt, so auch diesen Sommer. Irgendwann kamen dann die Treppen, die Busse und wir fanden uns am Gepäckband 6 wieder, zeitgleich mit den Passagieren aus zwei Großraum Maschinen aus Antalya und Istanbul. Also knapp 800 Leute an einem Baggage Karussell, um das rund herum in circa anderthalb Meter Abstand ein gut sichtbarer, schwarzer Streifen auf dem Boden geklebt ist. Checkt keiner. Egal ob Alman oder Osman, es drängen sich alle dicht an dicht gereiht fast schon über dem Gepäckband, um ja als erster und mit maximaler Rücksichtslosigkeit sein Gepäckstück entgegennehmen zu können. Lasst mich mal eines klarstellen: Es ist am BER noch NIE passiert, dass die Koffer auf dem Band liegen, bevor du da bist. Das ist ausgeschlossen.

Ich merke, wie ich wieder anfange, Menschen zu hassen.

Drei Tage später.

Ich schwimmte, schwamm und schwomm, endlich bin ich angekommen. Ich trage weiße Nike Socken in den Birkenstock und fahre bei 32 Grad, Fenster auf, Klima an in meinem SUV zum 250 Meter entfernten Supermarkt. Ich parke auf anderthalb Parkplätzen, spucke mein Kaugummi auf den Boden und furze laut, als ich den ALDI betrete. Das Gemüse ist entweder gammelig oder geschmacklos, so wie das Salamander Tattoo auf dem Handgelenk der übergewichtigen Alten an der Kasse. Sie berlinert mich voll, weil sie nicht weiß, wie viel Packungen Milch auf einer Palette sind, dabei meine ich rauszuhören, dass sie eigentlich aus Stuttgart kommt - Klassiker. Wieder am Auto angekommen, lade ich lustlos die Einkäufe in den Kofferraum und helfe anschließend meiner Tochter, sich auf dem Beifahrersitz anzuschnallen. Auf einmal baut sich hinter mir ein Mitte 50jähriger mit einem Wacken-Shirt auf und sagt:

„Bitte die Fahrertür schließen, meine Frau kann nicht aussteigen.“

Ich sehe mich um, auf dem gesamten Parkplatz stehen literally acht Autos. Ich antworte, mehr bestimmt als freundlich:

„Ich schnalle noch eben meine Tochter an und komme dann.“

Circa 5 Sekunden später steige ich in mein Auto ein, als der Typ sagt:

„Ist besser, die Tür immer gleich zu schließen.“

Ich merke, wie mein Puls nun mehr im Hals, als in der Brust zu spüren ist und antworte:

„Ist besser, einfach einen anderen Parkplatz zu nehmen , Sie Otto“, und steige in das Auto ein. Puh, immerhin gesietzt. Ich starte den Motor, lasse die Scheibe runter und schüttele den Kopf, als er sagt:

„Fahr zu Mutti!“

„Ich fahre jetzt zu deiner Mutter und hole den Schäferhund der deine Mama f***t, seit dem du es nicht mehr tust.“

„Papa, was bedeutet das. Was ist mit dem Hund?“

Erschrocken über meine vulgäre Ausdrucksweise, fahre ich langsam vom Parkplatz, mein Blutdruck hat Endstufe erreicht, kurz vor Herzkasper und erkläre meiner Tochter, warum ihr Vater ein Idiot ist und was provozieren bedeutet und dass wir wahrscheinlich bald das Land verlassen müssen.

Ich bin oft im Ausland. Ich bin immer nett und auch dort werde ich ab und an mal enttäuscht, safe. Hier in Berlin aber bin ich nicht nett. Ich bin wie das Gesetz. Vor mir ist jeder gleich. Gleich Scheiße. Das ist nicht gut. Ich will so nicht sein.

Eigentlich sollte das hier der dritte teil meines Reiseblogs sein, aber ich bin nicht in Stimmung, Schatz.

Ich habe heute leider kein Foto für dich, naja vielleicht eins.

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Und dann ist es passiert…

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Reiseblock 2