Schöne Dinge
Beim Schreiben eines Blogbeitrags verliere ich mich manchmal ziemlich in Details, deswegen dauert es auch öfters etwas zu lange, bis von mir wieder was kommt. Gestern aber hat mir ein lieber Mensch bei Instagram geschrieben, dass diese Frequenz absolut authentisch sei - danke dafür!
Ich mag schöne Dinge. Auch schöne Menschen, wobei Schönheit etwas sehr subjektives ist. Meine Mutter zum Beispiel sagt, dass meine Kinder auch objektiv gesehen zu den schönsten zählen. Aus den Augen einer Großmutter ist das logisch und aus den Augen eines liebenden Vaters ist es nur konsequent, das zu bestätigen.
Wie jede normale Egozentriker betrachte mich regelmässig im Spiegel und vor ein paar Monaten hatte ich den Punkt erreicht, an dem ich mein Spiegelbild mit den Worten „Du fettes Schwein“ anraunzte. Am nächsten Tag habe ich aufgehört sechs Hauptmahlzeiten pro Tag zu mir zu nehmen, Alkohol zu trinken und wieder angefangen Sport zu machen. Ich ziehe das jetzt weiter durch, weil ich es kann. Diesmal. Ich bin nämlich nicht sonderlich gut darin, Dinge zu Ende zu bringen. Das fing schon mit 15 Jahren an, als ich meinen Eltern zu Weihnachten die Einzelteile einer unvollendeten aber selbstgebastelten Pinnwand unter den Weihnachtsbaum legte. Meine älteste Tochter ist da anders. Sie schenkte mir neulich ein selbstgemaltes, gerahmtes und vor allem fertiges Bild eines duschenden Esels und ergänzte mit den Worten.
„Das bist du, Papa.“
Ich glaube rückblickend, dass das der Tag war an dem ich mein Spiegelbild als fettes Schwein titulierte.
Naja anyway, jetzt - zehn Kilo leichter - brauchte ich ein neues, schwereres 50mm Objektiv, um den Gewichtsverlust auszugleichen und habe mich aus Gründen der Schönheit, für ein silbernes entschieden. (Leute, der rote Faden ist präsent, cant deny!!). Hab ich natürlich alles schon bei Instagram gepostet, wie jeder normale, egozentrische Leica User. Und meine schwarze M11 (die übrigens defekt war, wie sich herausstellte, mehr dazu in a future post) habe ich dann gleich noch gegen eine safari grüne eingetauscht, weil ich diese Kombination unfassbar schön finde. Und weil ich es kann.
Camera Strap von Bosse & Richter
Anflug auf Copenhagen mit Summilux 50 Classic
“Schärfe ist nur ein bürgerliches Konzept”
Und dann habe ich mich mit der neuen Kombi erneut vor den Spiegel gestellt und es ist etwas passiert, was beinah der offizielle Beginn einer Midlife Crisis hätte werden könne.
„Du musst jetzt mal erwachsener werden.“
Also habe ich mich - etwas zu sehr unter dem Einfluß eines Ben Bernschneiders - auf die Homepage eines Herren-Ausstatters begeben und eine größere Bestellung getätigt. Was ich dabei nicht bedacht habe, dass ich gar nicht erwachsen sein will. Ich habe ja immer noch das Gefühl, die Rolle eines Erwachsenen lediglich zu spielen und fühle mich in den Konversationen mit meinem beinah dreijährigen Sohn über Fürze, Pommes und Buzz Lightyear deutlich wohler, als in der Unterredung mit dem achtfach geschiedenen Arbeitskollegen über Aktien-Portfolios. In den Klamotten, die ich bestellt hatte, sah ich jedenfalls keineswegs erwachsener aus, sondern eher wie ein zwanzigjähriger Hurensohn aus Winterhude, der im Champagner-Suff seine eigene Mutter ficken würde. Ich habe also alles wieder zurückgeschickt und mir für das Geld zwei Hawaii-Hemden und noch ein neues Objektiv bestellt. Denn das hier ist ja schließlich immer noch ein Blog über Fotografie und nicht mein Tagebuch god damn it.
“Irgendwas mit Leica” - Iphone Fotografie eines Pseudo-Intellektuellen
Voigtländer VM Ultron 28/2.0
Da war doch mal was. Ach ja genau, mein eigenes Unvermögen die Welt in der Brot und Butter Brennweite 28mm zu sehen. Und genau dieses Objektiv habe ich bereits zwei mal zuvor schon besessen (und zurückgeschickt). Ausserdem hatte ich kurze Intermezzi mit Leica’s Q-Serie, die sich ja bis vor kurzem ausschliesslich dieser Brennweite bediente. Es hat halt nie funktioniert. Nicht Fisch, nicht Fleisch. Und gefühlt immer zu weit weg oder eben doch nicht weit genug. Also warum jetzt noch mal den ganzen Bums von vorne starten?
Weil ich schöne Dinge liebe und das kleine, kompakte Ultron macht eine schöne, schlanke Figur an der M. Aber darum geht es eigentlich nicht. Der regelmässige Leser meines Blogs weiß, dass ich letztes Jahr in Mailand viel mit einem Summilux 24 unterwegs war. Ich liebe dieses Objektiv und diese Brennweite im Street- und eventuell sogar im Reise-Kontext. Darüber habe ich einen eigenen Beitrag geschrieben. Aber als everyday immer drauf Moped ist es einfach zu weit und die Summilux Variante vor allem zu groß und klobig. Und mein geliebtes 35er Summicron langweilt mich im Moment, was allerdings weniger am Look als eben einfach an der Brennweite liegt. Mit dem 28er muss ich umdenken und ich liebe challenges - schöne Dinge, die man liebt eben.
vor allem im Gegenlicht finde ich das 28er einfach ultron geil…
Bokeh check
dieses Bild hat mich irgendwie überzeugt. Ich weiß nicht wieso, aber ich lieb’s.
04:34 Uhr auf’m Weg zum work.
Zu den schönen Dingen momentan zählt auch meiner innere Zufriedenheit mit meiner Fotografie. Ich komm zwar kaum raus, fast alles findet rund um mein Haus statt, in meiner Hood, auf dem Weg zur Arbeit und aus dem Cockpit heraus; keine Reisen (aber bald!), mein IG ist auf einem all time low und trotzdem bin ich glücklich.
Unschön ist das Altern. Juli ist traditionell der Monat in dem ich meinen Geburtstag nicht feiere. Ich hab Geburtstage noch nie gemocht, aber je älter ich werde, desto unangenehmer sind sie mir. Vielleicht ist es an dieser Stelle falsch, das Wort “unschön” zu verwenden, vielleicht ist es besser von einer zutiefst empfundenen Melancholie zu sprechen. Eigentlich bin ich nämlich sehr dankbar für mein life, dennoch aber machen mich meine 40er sehr nachdenklich.
Manchen Dingen beispielsweise kann ich nicht mehr folgen. Neulich hatte eine gute Freundin von mir etwas zum Thema Feminismus gepostet. In dem Blogbeitrag ging es um Auseinandersetzungen, um Streit, verschiedene Meinungen innerhalb diverser Strömungen im Feminismus und mehr kann ich jetzt wirklich nicht wiedergeben, weil ich es schlicht und ergreifend nicht verstanden habe. Es gibt jetzt halt irgendwie Kämpfe, die müssen von den jüngeren ausgetragen werden. Ich sag mal so, bei uns war schwul damals noch ein Schimpfwort, und als im Film KIDS ein homosexueller beinah zu Tode geprügelt wurde, haben wir das eher gefeiert als verachtet. Ein Glück, dass ich trotz all der schwulenfeindlichen Inhalte im HipHop/Reggae mein Hirn mittlerweile grundlegend reformiert habe und meine Kinder anders aufwachsen.
Wenn ich also abends mit zwei bis vier Beuteln voller Windeln zum Mülleimer trotte, frage ich mich nicht nur wie viele Bruttoregistertonnen Scheisse ich in meinem Leben bereits in Restmülltonnen entsorgt habe, sondern auch, wie mein Leben wohl verlaufen wäre, wenn ich an bestimmten Punkten anders abgebogen wäre. Je öfter ich aber zum Mülleimer gehe, desto mehr wird mir bewußt, dass es gar keine Optionen gibt. Du hast zwar vermeintlich die Wahl, aber die Konsequenzen, die mit jeder Entscheidung einher gehen, kannst du ja überhaupt nicht überblicken. Irgendwann ist die letzte Windel entsorgt und Du stellst fest, dass du schon lange angekommen in deinem eigenen Leben angekommen bist.
Und dann wirste nämlich irgendwann 60, die Glocken länger als das Seil, und die Leute machen ihren Platz für dich im Bus frei, also sei mal ein bisschen humble.
Die Zeit rast immer schneller.
Also kauf dir das APO Summicron, wenn Du es so sehr willst.
“cause you never know, when you gonna go”
Wie seht ihr das mit dem Älter werden? Was ist euer Ansatz für’s glücklich sein? Gehört GAS dazu? Reisen? Sport? Gutes Essen? Swinger Parties? Schreibt es mir gerne hier in die Kommis, oder bei Instagram. Soll ich eigentlich mal ein par Reviews über mein Gear schreiben?